Kinderpornographie

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Kinderpornographie

Zu aller erst: Sexueller Missbrauch ist wohl das schlimmste Verbrechen, das man einem Kind antun kann. Es ist abscheulich, gehört bestraft und ich finde es gut und wichtig, wenn Steuergelder ausgegeben werden um Kinder davor zu schützen.

Auf Anregung von Ursula von der Leyen denken einige Politiker darüber nach Sperrlisten einzuführen, die verhindern sollen dass einige Seiten im Internet abrufbar sind. Es ist geplant, diese Listen vom BKA pflegen zu lassen, und sie nicht zu veröffentlichen. Eben jenes BKA, dessen Präsident im Bundestag „scheußliche Videosequenzen von der Vergewaltigung eines kleinen Mädchens“ zeigt – als Einstimmung in die Debatte. Das BKA soll doch lieber dafür sorgen, dass die Internetseiten vom Netz genommen werden, statt nur eine Liste zu machen mit Seiten die gesperrt werden sollen.

Vergleichen wir die Situation doch einmal mit China: Dort werden bestimmte Internetseiten blockiert. Es ist weder eine Liste noch eine Begründung öffentlich zugänglich. Gesperrt wird dort so allerlei, z. B. Videos von tibetischen Mönchen, die (friedlich) gegen die chinesische Unterdrückung protestieren. Vermutlich jetzt auch diese Seite hier, denn ich schreibe ja, dass in China zensiert wird. In China heißt das ganze Zensur und verhindert die freie Meinungsäusserung. Die Regierung unterbindet Kritik, alles was nicht ins chinesische System – also den Ideen der Machthaber – passt ist schlicht nicht auffindbar. In Deutschland sollte so etwas nicht möglich sein, denn im Grundgesetz steht in Art. 5 (1):

… Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewähleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Wie sich nun eine geheime Liste von gesperrten Internetseiten von der Praxis in China unterscheidet und mit dem Grundgesetz vereinbar sein soll ist mir absolut unverständlich. Aber es geht ja noch weiter: Frau Schavan möchte die Sperrlisten, noch bevor sie eingeführt sind, erweitern. Da muss man sich doch echt fragen, ob wir noch weit davon entfernt sind, dass die CDU die anderen Parteien auf die Sperrliste setzen lässt…

Nun ja, es gibt ja auch andere Länder, die schon solche Sperrlisten umgesetzt haben und gegen Kinderpornographische Inhalte im Internet einsetzen. Z. B. Schweden: Björn Sellström, der Chef der Polizeiermittlungsgruppe gegen Kinderpornografie und Kindesmisshandlung in Stockholm sagte allerdings gegenüber dem Focus:

„Unsere Sperrmaßnahmen tragen leider nicht dazu bei, die Produktion von Webpornografie zu vermindern“

Außerdem könnten die Sperren dort „leicht“ umgangen werden. – Macht es also wirklich Sinn, das bei uns auch einzuführen? Oder sollten lieber andere, effektivere Wege gegangen werden? – Solange die Internetseiten in Deutschland betrieben werden sollte es ja für die Polizei ein leichtes sein, die Betreiber dran zu kriegen. KiPo ist ja schließlich bei uns illegal. Wenn Angebote aus anderen Ländern in Deutschland konsumiert werden, so ist die Sache natürlich etwas schwieriger, aber trotzdem machbar. Und im Zweifelsfall muss man halt beginnen ein außenpolitisches Thema daraus zu machen und mit fremden Regierungen Gespräche führen.

Laut der Neuen Osnabrücker Zeitung hat das Bundeskriminalamt Zweifel an der Wirksamkeit von Sperren für Kinderporno-Seiten im Internet zurückgewiesen. Jörg Ziercke sagte:

Nach unseren Erkenntnissen sind vier von fünf Menschen, die im Internet auf Kinderpornos zugreifen, Gelegenheits-Konsumenten. Die lassen sich durch ein Stopp-Schild abschrecken und geben ihr Vorhaben auf.

Aber wird man wirklich aus Gelegenheit pädophil? – Ich kann mir das nicht so recht vorstellen. Und selbst wenn nur noch ein Fünftel der Konsumenten an das Material kommt, damit ist doch den Kindern nicht geholfen! Die Politik sollte dich lieber Gedanken darüber machen, wie die Erstellung eingeschränkt werden kann, statt nur auf den Konsum zu schauen.

Sollten die technichen Sperren wirklich kommen, bin ich wohl nicht der einzige, der schon das Bundesverfassungsgericht in Aktion sieht.

Ein paar weiterführende Links zum Thema, die ich nicht im Text unterbringen konnte:
netzpolitik.org
czyslansky
Gedanken des „Datenschutzbeauftragten“
Golem

Jörg Tauss

Ich wollte mich ja raushalten und die Vorfälle um Jörg Tauss hier (noch) nicht kommentieren. Gerade habe ich aber im Compyblog von den vielen Zufällen gelesen, die in diesem Zusammenhang durchaus interessant sind. – Da musste ich einfach…

Ich halte nichts von Verschwörungstheorien, aber wir sollten keine vorschnellen Urteile aussprechen (oder denken). Bislang geht es um Ermittlungen – weiter nichts. Trotzdem immerhin Ermittlungen. Nebenbei: Mich würde mal interessieren, gegen wie viele Verdächtige zwar ermittelt wird, sich der Verdacht aber nicht erhärtet. (Weiß hier jemand Zahlen? -> Kommentar hinterlassen!) Sollte sich der Verdacht nicht bestätigen, so wird doch das Bild, welches uns von den Medien inzwischen vermittelt wurde, irreparablen Schaden hinterlassen. Auch wenn Tauss nach dem jetzigen Rücktritt von seinen Ämtern diese wieder übernehmen würde.

Versteht mich nicht falsch – sollte der Verdacht durch Beweise gestützt werden, bin ich absolut dafür, dass Tauss ein angebrachtes Verfahren bekommt und seine politische Karriere beendet (wird). Aber er sollte, im für ihn positiven Ausgang, die Chance haben so weiter zu machen wie bisher. Also, liebe Medien, übt euch in Zurückhaltung! Euch, lieben Lesern kann ich nur empfehlen, alles was ihr hierzu hört und lest genau zu prüfen und zu hinterfragen. Urteilt erst, wenn genügend Tatsachen auf dem Tisch liegen.

Dass ihr euch selbst ein Bild machen könnt hier noch ein paar Links zusätzlich zu denen im Text, die ich persönlich aber sehr unterschiedlich einschätze:
Pressemitteilung von Jörg Tauss
Statement von Markus Beckedahl auf Netzpolitik.org
„Online-Datenschutzbeauftragter“
justizskandale.de
Rechtsanwalt Stadler

Update: Auf der Seite Abgeordnetenwatch.de hat man die Möglichkeit den Politikern direkt Fragen zu stellen, die sie dann öffentlich beantworten (sofern sie es tun). Jörg Tauss hat hier am 17. Februar zum Thema Kinderpornographie geschrieben:

„Der sexuelle Missbrauch von Kindern ist, in welcher Form auch immer, inakzeptabel.“

Update 2: Gerade noch gefunden: czyslansky » Ekelhaft!

Update 3: czyslansky bietet noch mehr interessante Hintergrundinfo